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Der FJS-Crash-Kurs

Also, du bist neugierig, was das FJS so bietet. Du möchtest lernen, es zu benutzen.

Dieser „Crash-Kurs“ ist genau in diesem Zweck gedacht: um alle notwendige Elemente des FJS schnell zu beherrschen. Die Kurzschrift des Systems wird nicht behandelt, da das System ohne ihr sowieso komplett ist. Falls du schon Erfahrung mit Naturtonstimmung hast, wird es dir sehr leicht fallen. Du kannst das Ganze auf einmal in ein paar Minuten lernen. Seine Eleganz steht direkt vor dir.

Inhalt


Einleitung: Gib die Enharmonie auf!

Wir sind alle an die gewöhnliche Notenschrift gewohnt, und an ihre üblichen Kreuze und Be. Was wir aber nicht immer sehen, ist, dass uns Notenschrift im Zusammenhang mit der allgegenwärtigen gleichstufigen Stimmung beigebracht wird. (Ab jetzt wird dieser Kurs die Abkürzung 12-EDO benutzen, aus dem Englischen „Equal Divisions of the Octave“).

Hier zum Beispiel steht die chromatische Tonleiter:

C–Cis–D–Dis–E–F–Fis–G–Gis–A–Ais–H–C

Ähm, nein. Normalerweise sieht sie so aus:

C–Cis–D–Dis–E–F–Fis–G–Gis–A–B–H–C

Ob dort Ais oder B steht, macht für uns natürlich keinen Unterschied. Wir wissen, dass das zwei unterschiedliche Namen für zwei Noten derselben Tonhöhe sind. Ob wir jetzt Ais oder B verwenden, kommt auf die Lesbarkeit oder Einheitlichkeit oder Einfachheit, je nach Kontext, aber sie bedeuten das Gleiche.

Diese Eigenschaft, dass eine verminderte Sekunde genauso groß ist wie eine reine Prime, hat einen Namen: enharmonische Verwechslung. Musiker, denen alternative Stimmungen nicht bekannt (oder bewusst) sind, wissen vielleicht gar nicht, dass diese Eigenschaft nicht universal ist. 12-EDO ist eine der wenigen Stimmungen, die sie hat. In anderen Stimmungen gibt es keine Enharmonie, oder es gibt ein anderes Intervall der Größe einer reinen Prime. (Zum Beispiel ist es die doppelt verminderte Sekunde in 19-EDO. Das heißt, Eis und Fes haben die gleiche Tonhöhe.)

Vergessen wir aber nicht, dass die Notenschrift selbst die Idee von 12-EDO (geschweige denn deren Herrschaft) deutlich vordatiert. Die Notenschrift basierte ursprünglich auf der Stammtonreihe, die viele Eigenschaften gleichzeitig besitzt, aber eine davon ist uns wichtig: dass sie aus einer Reihe reiner Quinten herkommt (F–C–G–D–A–E–H). Die Tatsache selbst, dass unsere Notenschrift viele Namen für dieselbe Tonhöhe besitzt, deutet darauf an, dass sie ursprünglich für etwas anderes gedacht war.

Die enharmonische Äquivalenz ist das einzige Merkmal von 12-EDO in der Notenschrift. Alles andere funktioniert auch ohne 12-EDO.

Lektion 0: Vorbereitung

Bevor du beginnst, über das FJS zu lernen, gibt es ein paar zusätzliche Informationen. Ich muss sicher sein, dass sie dir gut bekannt sind.

Dazu gibt es auch noch drei mathematische Konzepte, die dir bekannt sein müssen, aber außerhalb des FJS nicht vorkommen.

Erstens musst du schnell ein übliches Intervall (ohne enharmonische Verwechslung) in eine Anzahl von Quintenschritten und zurück umrechnen können. Eine große Sekunde zum Beispiel entspricht +2 Quinten, denn man braucht zwei Quintenschritte im Uhrzeigersinn, um die große Sekunde zu erreichen: C–G–D. Ebenso entspricht eine kleine Terz −3 Quinten, denn dazu braucht man drei Quartenschritte, also Quintenschritte gegen den Uhrzeigersinn: C–F–B–Es. Jedes übliche Intervall entspricht genau einer Anzahl von Quintenschritten. Du musst diese Umrechnung sowohl vorwärts als auch rückwärts durchführen können, dazu am besten schnell.

Zweitens musst du wissen, wie man eine rationale Zahl faktorisiert. Genauso wie jede positive ganze Zahl auf nur eine Weise in Primfaktoren zerlegt werden kann, wobei die Potenzen natürliche Zahlen sind, kann man jede positive rationale Zahl auf nur eine Weise in Primfaktoren zerlegen, wobei die Potenzen ganze Zahlen sind. Nach dem Fundamentalsatz der Arithmetik werde ich diesen Satz humorvoll den Fundamentalsatz der Harmonie nennen. Beispielsweise lässt sich 6/5 in 21 31 5−1 zerlegen, und es gibt keine andere Zerlegung.

Drittens brauchst du die sog. reduzierte Form eines Intervalls. In der Praxis multipliziert oder dividiert man dazu eine Zahl mit bzw. durch 2, bis das Ergebnis zwischen 1 (einbezogen) und 2 (ausgeschlossen) liegt. Dieses Verfahren ähnelt der sog. Oktaväquivalenz, wobei wir Tonhöhen als gleichwertig empfinden, wenn sie sich nur um ein Vielfaches der Oktave (2/1) unterscheiden. Dadurch ändert sich beispielsweise 7/1 in 7/4 und 1/6 in 4/3. Die reduzierte Form findet man mithilfe der Formel:

Es gibt auch die ausgeglichene reduzierte Form; das Ergebnis liegt hier zwischen (einbezogen) und (ausgeschlossen). Man definiert sie mithilfe der üblichen reduzierten Form:

Oder, ein bisschen leichter beim Kopfrechnen:

Das ist alles, was du brauchst. Fangen wir also an!

Lektion 1: Die pythagoreische Stimmung

Du denkst vielleicht, dass durch die Entnahme der Enharmonie sich viel mehr mögliche Tonhöhen beschreiben lassen. Da hättest du Recht. Die Entnahme der Enharmonie reicht aber nicht selbst aus, um die ganze Naturtonstimmung logischerweise darzustellen. Ein Vorteil der Naturtonstimmung ist, dass sie sehr kleine Unterschiede in Tonhöhe gut ausdrückt, und dadurch verschiedenen Intervallen verschiedene Farben gibt.

Stelle dir die folgende Intervallreihe an: 11/10, 10/9, 9/8, 8/7. Hör zu:

Die allermeisten hören hier vier „etwa große Sekunden“. Es wäre aber falsch, alle von ihnen als große Sekunden aufzuschreiben. Sie sind unterschiedliche Intervalle. Die Unterdrückung der Vielfalt dort, wo sie am meisten zählt, widerspricht JI selbst.

Du denkst also vielleicht, dass es einen Mittelweg gibt, einen Teil der ganzen Naturtonstimmung, der genau eindeutig dieser Notenschrift ohne Enharmonie zugeordnet werden kann. Da hättest du auch Recht. Dieser Mittelweg ist genau die Naturtonstimmung bis zum 3-Limit, auch pythagoreische Stimmung genannt.

Das heißt, dass wir die Oktave dem Frequenzverhältnis 2/1 zuordnen, genauso wie bei 12-EDO, und dass wir die reine Quinte dem Frequenzverhältnis 3/2 zuordnen. Damit können wir jedes mögliche Intervall der Notenschrift genau ein mögliches Intervall der pythagoreischen Stimmung zuordnen. Es gibt eine bijektive Zuordnung.

Damit können wir die Menge der Stammtöne sogar definieren: F, C, G, D, A, E, und H sind alle so definiert, dass F–C 3/2 beträgt, ebenso C–G, usw. Wir bemerken dann, dass H–F 1024/729 beträgt. Dieses Intervall ist ein Tick kleiner als 3/2. Deshalb definieren wir dann das Kreuz und das Be, um diesen Unterschied aufzuheben, also betragen H–Fis und B–F per Definition auch 3/2. Das FJS funktioniert, indem es dieses Prinzip erweitert: Unterschiede werden durch Versetzungszeichen annulliert.

Bemerken wir, dass diese Bijektion etwas benötigt, das vielleicht nicht allen bewusst ist: mehr als nur doppelte Kreuze und Be. Obwohl sie sehr selten in üblicher Musik vorkommen, sind sie hier erforderlich, damit die Quintenlinie auf beiden Seiten unbegrenzt ist. Im FJS können dreifache, vierfache, usw. Kreuze und Be auch vorkommen. Das heißt gar nicht, dass sie oft vorkommen. Aber keine Panik, falls du sie benutzen musst.

Du bist jetzt bereit, die ersten zwei FJS-Techniken zu lernen.

FJS-Technik #1: Ein pythagoreisches Frequenzverhältnis in seine FJS-Darstellung umrechnen.

  1. Faktorisiere das Verhältnis.
  2. Ignoriere zunächst die 2er-Potenz.
  3. Beachte die 3er-Potenz, und mache so viele Quintenschritte (im Uhrzeigersinn oder gegen, je nachdem, ob die Potenz positiv oder negativ ist). Dadurch entsteht das entsprechende Intervall.
  4. Reguliere die Oktave.

Beispiel: Um 9/8 in das FJS umzurechnen, faktorisieren wir zunächst: 2−3 32. Wir ignorieren die 2er-Potenz. Die 3er-Potenz beträgt +2, also gehen wir zwei Quinten im Uhrzeigersinn: C–G–D. Die Antwort lautet also: große Sekunde.

FJS-Technik #2: Eine FJS-Darstellung eines pythagoreischen Frequenzverhältnisses zurück umrechnen.

  1. Ignoriere zunächst Oktaven.
  2. Bestimme die Anzahl der Quintenschritte, aus denen sich das Intervall ergibt, und nenne sie n.
  3. Berechne .
  4. Reguliere die Oktave.

Beispiel: Um die kleine Terz im FJS in ein Verhältnis umzurechnen, bestimmen wir zuerst, dass die kleine Terz −3 Schritte benötigt: C–F–B–Es. beträgt 32/27.

Die folgenden sind am meisten verbreitet:

Intervall Schritte Verhältnis
kleine Sekunde −5 256/243
kleine Sexte −4 128/81
kleine Terz −3 32/27
kleine Septime −2 16/9
reine Quarte −1 4/3
reine Quinte +1 3/2
große Sekunde +2 9/8
große Sexte +3 27/16
große Terz +4 81/64
große Septime +5 243/128

Du brauchst dir diese Tabelle gar nicht merken! Um das FJS zu benutzen, brauchst du dir überhaupt keine Zahlen merken. Es ist ähnlich wie beim Kopfrechnen. Du sollst schon jetzt selber diese Verhältnisse aus den Intervallen berechnen können, und zurück, mithilfe der zwei Techniken. Fürchte nicht, einen Taschenrechner zu benutzen. Einer wird dir sicher sehr hilfreich sein, bis du dich mit dem FJS so gut auskennst, dass du die Ergebnisse einfach weißt.

Aufgabe 1

  1. Berechne die FJS-Intervalle, die folgenden Frequenzverhältnissen entsprechen: 2187/2048, 1024/729, 8192/6561.
  2. Berechne die Frequenzverhältnisse, die folgenden Intervallen entsprechen: verminderte Septime, übermäßige Quinte, verminderte Terz.
  3. Finde die Verhältnisse zwischen aufeinanderfolgenden Schritten dieser Tonleiter: E–Fis–A–H–D–E
  4. Notiere die folgende Tonleiter im FJS mit D als Grundton: 1/1, 81/64, 4/3, 3/2, 243/128, 2/1.
  5. Bestimme das Frequenzverhältnis des sog. pythagoreischen Kommas (eine verminderte Sekunde im FJS).
  6. (SCHWIERIG!) Nur etwa 3.6 Cent beträgt das winzige pythagoreische Intervall 353/284. Stelle es im FJS dar.

Du kannst die Antworten hier nachschlagen.

Lektion 2: Die Primzahlintervalle

Also bisher hast du gelernt, die pythagoreische Stimmung aufzuschreiben. Bis jetzt war es ein bisschen langweilig. Die pythagoreische Stimmung weicht gar nicht so viel von 12-EDO ab. Es reicht auch gar nicht aus, um die ganze Naturtonstimmung aufschreiben zu können.

Der nächste Schritt ist die Fähigkeit, sog. Primzahlintervalle darzustellen. Das sind Intervalle der Obertonreihe, die aus Primzahlen bestehen. Wir nehmen also die Reihe der Primzahlen:

2, 3, 5, 7, 11, 13, 17, 19, …

…und wir verwandeln alle in ihre reduzierte Formen:

1/1, 3/2, 5/4, 7/4, 11/8, 13/8, 17/16, 19/16, …

Wir wissen schon, wie die ersten zwei Primzahlen aussehen: die Oktave und die Quinte. Ab jetzt, wenn ich „Primzahlintervalle“ sage, meine ich nur die, die Primzahlen über 3 zugeordnet sind.

Falls du dich mit JI auskennst, hast du schon gehört, dass 5/4 als „Naturterz“ und 7/4 als „Naturseptime“ bezeichnet werden – also Sonderformen der großen Terz bzw. der kleinen Septime. Diese Sprache fiel dir wahrscheinlich erstens nicht auf. Es sieht sich so an, als wären es einfach Erweiterungen der Begriffe „große Terz“ und „kleine Septime“, um Intervalle einzubeziehen, die nah sind.

Auf einem formalen Niveau aber geschieht etwas Merkwürdiges.

Nehmen wir an, wir akzeptieren das zunächst. 5/4 ist eine Art große Terz. Wir notieren es also als eine große Terz, mit einem Zusatzzeichen, der für den Unterschied stehen wird. Die Differenz zur pythagoreischen großen Terz (81/64) beträgt nur 81/80, etwa 22 Cent. Wieso sollte das ein Problem sein? Deswegen, dass es viel bessere Annäherungen gibt, zum Beispiel die pythagoreische verminderte Quarte (8192/6561). Sie liegt nur um 32805/32768, nur etwa 2 Cent, entfernt!

Hör dir den Unterschied zwischen 81/64 und 5/4 an:

Und den Unterschied zwischen 8192/6561 und 5/4:

Wieso sollten wir also die große Terz, und nicht die verminderte Quarte, als 5/4 benutzen? Einfachheit, sagst du? Die große Terz beträgt nur +4 Quinten, während die verminderte Quarte −8 anbietet, also viel komplizierter. Wieso benutzen wir also nicht die kleine Terz als 5/4? Sie ist doch einfacher, nur −3 statt +4 Quinten. Ach, jetzt ist sie nicht nah genug? Wieso bestimmst du das richtige Gleichgewicht zwischen Einfachheit und Nähe?

Keine Panik. Das war eine Satire anderer JI-Notationssysteme; sie wählen nämlich selbst diese Annäherungen ohne jede Logik. „Wie wählen wir also die Annäherungen für jedes Primzahlintervall?“ Im FJS lautet die Antwort: Wir tun es nicht. Stattdessen tut es für uns eine bestimmte Konstante: der Toleranzradius. Nachdem ich mit mehreren Möglichkeiten experimentiert habe, und die Vorteile und Nachteile berücksichtigte, habe ich mich entschieden, dass die Standardversion des FJS den folgenden Radius benutzen wird:

Wieso, erkläre ich später.

Wie benutzt das FJS diese Zahl? Der nächste Schritt ist das wichtigste Element des ganzen FJS. Es ist dasjenige Element, das das FJS von allen anderen JI-Notationssystemen unterscheidet. Es ist der FJS-Master-Algorithmus. Hier steht er lesbar für Menschen. Andere Formen in Programmiersprachen, darunter auch ein Rechner auf dieser Webseite, gibt es auch.

Der FJS-Master-Algorithmus findet die sog. Quintenverschiebung für jede Primzahl mithilfe des Toleranzradius. Ich erkläre, was der Algorithmus tut, wie er benutzt wird, und wozu die Quintenverschiebung dient.

Der FJS-Master-Algorithmus

  1. Lese die eingegebene Primzahl und nenne sie p.
  2. Fange an mit k = 0.
  3. Betrachte das Intervall aus k pythagoreischen Quinten und nenne es P.
  4. Beträgt die Differenz zwischen p und P weniger als der Toleranzradius?
  5. Falls ja, dann ist k die Verschiebung. Ende.
  6. Falls nicht, gehe zum nächsten k in der folgenden Reihe: (0, 1, −1, 2, −2, 3, −3, …) und wiederhole ab dem 3. Schritt.

Beispiel: Hier siehst du eine Vorführung des Algorithmus mit 5 als Eingabe. (Der Toleranzradius beträgt λ = 65/63.) Die „Kommas“ sind hier Kandidaten für ein formales Komma, die Quotienten von 5/4 und des jeweiligen Kandidaten für die pythagoreische Annäherung.

Verschiebung Pythagoreisch Komma Betrag Ergebnis Folgen
0 1/1 5/4 386.31¢ ≥ λ fortfahren
+1 3/2 5/6 315.64¢ ≥ λ fortfahren
−1 4/3 15/16 111.73¢ ≥ λ fortfahren
+2 9/8 10/9 182.40¢ ≥ λ fortfahren
−2 16/9 45/32 590.22¢ ≥ λ fortfahren
+3 27/16 20/27 519.55¢ ≥ λ fortfahren
−3 32/27 135/128 92.18¢ ≥ λ fortfahren
+4 81/64 80/81 21.51¢ < λ halten

Wie du siehst, ist der Algorithmus so einfach, dass du ihn im Kopf durchführen kannst (vielleicht außer dem 4. Schritt, der schwierig ist, bis du die Größe vieler Intervalle ungefähr auswendig weißt, ob als Cent oder du kannst sie dir vorstellen).

Im 4. Schritt wählen wir die Oktaven von p und P so, dass die „Differenz“ minimal ist: wir meinen dabei die absolute Größe des Kandidaten für das formale Komma, also den Betrag seiner Cent-Größe. Hier, und nur hier, sind z.B. 16/15 und 15/16 gleichwertig. Formal bedeutet „Differenz“ hier Folgendes: .

Obwohl der Algorithmus langweilig wirkt, ist er tatsächlich sehr schnell, auch im Kopf. 5/4 ist natürlich zu weit von der Oktave, Quinte, Quarte, großen Sekunde, kleinen Septime, und großen Sexte. Hier ist es nur die Frage, ob sie zu weit von der kleinen Terz ist. Dann ist die große Terz eine prima Annäherung.

Der Algorithmus findet also die einfachste mögliche pythagoreische Annäherung jedes Primzahlintervalls, die innerhalb des Toleranzradius liegt. Die Differenz wird dann formales Komma genannt, und ihm wird ein FJS-Versetzungszeichen gegeben. So wird das formale Komma berechnet:

Das formale Komma

Das formale Komma einer Primzahl p mit Verschiebung g ist:

Es geht auch anders herum: du kannst aus dem formalen Komma die Verschiebung einer Primzahl bestimmen, ohne den Algorithmus zu benutzen oder den Toleranzradius zu kennen. (Das ist manchmal nützlich, aber kommt nicht oft vor.) Bilde den Kehrwert des formalen Kommas. Die 3er-Potenz davon ist die Verschiebung. Beispielsweise ist uns gegeben, dass das formale Komma von 7 63/64 beträgt. Wir faktorisieren den Kehrwert, 64/63, und erhalten 26 3−2 7−1. Da die 3er-Potenz −2 beträgt, ist das auch die Verschiebung für 7.

Genauso wie das Kreuz und das Be gibt es je zwei Versetzungszeichen für jedes Komma: positiv oder negativ. Das Symbol für das Versetzungszeichen basiert stets auf der Primzahl selbst. Die Form variiert, je nachdem du Notennamen oder Notenschrift schreibst:

Bemerke, dass ich mit Absicht die Worte „positiv“ und „negativ“ statt „aufwärts“ und „abwärts“ verwende. Deswegen eben, dass im FJS positive Versetzungszeichen nicht immer erhöhen, und negative nicht immer senken. Stattdessen heißt positiv immer otonal und negativ immer utonal. Das heißt Folgendes – und es ist ganz wichtig – ein FJS-Versetzungszeichen ist immer positiv in der Richtung, wo eine pythagoreische Annäherung eines Primzahlintervalls zum Intervall selbst wird. Beispielsweise, um 5/4 von C aufzuschreiben, schreiben wir zunächst E (die Annäherung, 81/64), dann verwandeln wir es in ein 5/4, indem wir ein +5 dazuschreiben, also E5. Dieses +5 versetzt es eigentlich um 81/80 nach unten.

Diejenigen von euch, denen das Ben-Johnston-System schon bekannt ist, ist diese Idee nicht fremd. Für den Rest von euch:

Es sieht zuerst überflüssig kompliziert aus. Tatsächlich ist es aber viel einfacher. Zum Beispiel: Ein positives Versetzungszeichen von +17 bedeutet immer, dass seine Anwendung einen Faktor von 17 zum Zähler hinzubringt. Solange du weißt, welche pythagoreische Annäherung 17/16 hat (es ist die kleine Sekunde), weißt du auch, dass 17/16 einfach als kleine Sekunde mit +17 geschrieben wird. Du brauchst dazu nicht zu wissen, ob die Annäherung höher oder niedriger als das Ziel ist! Dieses Prinzip, das auf Otonalität und Utonalität anstatt Richtung basiert, vereinfacht auch die Notation vieler Tonleitern und Stimmungssystemen. Im FJS ist das Versetzungszeichen +5 eigentlich als 80/81, nicht 81/80, beschrieben. Für jede Primzahl p > 3 wird das formale Komma einen Faktor von p (hoch +1) immer im Zähler enthalten. Es ist auch der Grund, warum dieses System das Naturtonfunktionssystem heißt: sein Schwerpunkt ist, die Funktion, und nicht die Tonhöhe, wiederzugeben.

Ich möchte dazu gerne eine Anekdote erzählen. Während ich ein Prototyp des Naturtonfunktionssystems entwickelte (noch bevor es einen Namen hatte), ursprünglich waren alle formalen Kommas doch positiv aufwärts und negativ abwärts. Einmal dachte ich über einige 5-Limit- und 7-Limit-Stimmungen nach, und plötzlich fiel mir auf, dass diese Konvention überflüssig kompliziert ist, und ich habe mich sofort entschieden, sie auf die jetzige zu ändern: positiv-otonal, negativ-utonal. Nachdem ich dies getan habe, hat es mein Denken im FJS drastisch vereinfacht, also so blieb es. (Das ursprüngliche FJS hatte noch viele andere Unbequemlichkeiten, bevor ich es zur heutigen, extrem einfachen Form reduzieren konnte…)

So sieht die Obertonreihe von A bis zum achten Oberton im FJS aus:

A, A, E, A, Cis5, E, G7, A.

So sieht sie in Notenschrift aus:

A–A–E–A–Cis5–E–G7–A

So hört sie sich an:

Wie du siehst, alle Versetzungszeichen in der Obertonreihe sind positiv (und das gilt für die ganze, unendliche Obertonreihe). Ist das nicht viel sauberer, als wenn wir Richtung statt Otonalität benutzen würden? Ich verstehe, dass du zuerst verwirrt sein kannst. Mit der Zeit aber wirst du selbst sehen, dass es das FJS doch logischer und einfacher macht. Du kannst dir auch eine andere Analogie vorstellen: anstatt das Kreuz als erhöhend und das Be als senkend zu betrachten, bemerke, dass das Kreuz (sieben) Quinten addiert, und das Be (sieben) Quinten subtrahiert.

Jetzt möchte ich erklären, wie diese Versetzungszeichen miteinander interagieren.

Propagierung der FJS-Versetzungszeichen

Wieso? Weil es damit logischer und praktischer ist. Hier siehst du eine Veranschaulichung dieser Regel:

Cis5–C, Cis5–C1, Cis5–C♮, Cis5–C♮5

Noch eine Anmerkung: das FJS ermöglicht auch, Intervallnamen (3+, 6−, 5>, usw.) diese hoch- und tiefgestellten Versetzungszeichen anzuhängen. Auf diese Weise werden JI-Frequenzverhältnisse formal im FJS benannt. Zum Beispiel „heißt“ 5/4: 3+5. Das wäre also E5 von C, oder A5 von F, oder H5 von G, usw.

OK, das ist alles, was du wissen musst, um die Primzahlintervalle aufschreiben zu können. Unten findest du eine neue Technik. Den Toleranzradius brauchst du nicht mehr. Man benutzt ihn nur im Master-Algorithmus, wo die Verschiebung einer Primzahl bestimmt wird.

FJS-Technik #3: Ein otonales Primzahlintervall ins FJS umrechnen.

  1. Finde die Verschiebung der Primzahl.
  2. Schreibe das Intervall auf, das dieser Anzahl von Quintenschritten entspricht.
  3. Addiere ein positives Versetzungszeichen der Primzahl selbst. Beispielsweise erhält 23/16 ein +23.

Beispiel: Um 7/4 im FJS zu notieren, wir finden zuerst die Verschiebung von 7: −2. Wir schreiben das Intervall aus −2 Quinten auf: C–F–B, also eine kleine Septime. Als Letztes fügen wir ein +7 dazu, damit erhalten wir 7−7. (Ja, es sieht auf den ersten Blick komisch aus.)

(Die Rückumrechnung ist trivial: um das Verhältnis eines Intervalls im FJS zu bestimmen, wenn gegeben ist, dass es ein otonales Primzahlintervall ist, nimmt man einfach die Primzahl, die auf dem Versetzungszeichen steht!)

Aufgabe 2

(Ab jetzt nimm immer an, dass der Toleranzradius λ beträgt.)

  1. Finde die Verschiebung für die Primzahlen 11 und 13.
  2. Gegeben ist, dass die Verschiebung von 19 −3 beträgt. Finde daher das formale Komma für 19.
  3. Gegeben ist, dass das formale Komma von 47 47/48 beträgt. Finde daher die Verschiebung für 47.
  4. Notiere die folgende Tonleiter mit E als Grundton: 1/1, 9/8, 5/4, 4/3, 3/2, 7/4, 2/1.
  5. Notiere die Obertonreihe von A bis zum vierzehnten Oberton.
  6. (SCHWIERIG!) Notiere die Untertonreihe von A bis zum achten Unterton.

Du kannst die Antworten hier nachschlagen.

Lektion 3: Verbundene Versetzungszeichen

Du weißt jetzt, wie ein Großteil der Naturtonstimmung im FJS notiert wird. Du kannst die ganze pythagoreische Stimmung und alle Primzahlintervalle aufschreiben. Wir sind aber noch nicht fertig; was mit den Intervallen, die aus mehr als einer Primzahl (3 einbezogen) gebaut sind, wie 15/8 oder 25/16, und was mit den Intervallen, die gar nicht in der Obertonreihe vorkommen, wie 5/3, 6/5, oder 9/7?

In diesem Crash-Kurs habe ich diese übrigen Intervalle in zwei Gruppen geteilt:

Die erste Gruppe kannst du schon notieren – du weißt es nur noch nicht. Das FJS hat nämlich viele sehr praktische Identitäten, die dir oft ermöglichen werden, die gegebenen Techniken komplett zu überspringen. (Gedenke dabei, dass Intervalle addiert werden, indem man ihre Frequenzverhältnisse multipliziert.)

FJS-Abkürzungsidentitäten

Diese Identitäten haben ein paar nette logische Folgen, die nützlich zu wissen sind, um noch flüssiger zu werden. Wenn du zum Beispiel zwei Noten mit gleichen FJS-Versetzungszeichen hast, weißt du, dass das Intervall zwischen ihnen pythagoreisch sein muss. E5 und Fis5? Du kannst zwar keine Ahnung haben, was sie in der Tonart B7 sind, aber du weißt, dass das Intervall zwischen ihnen eine pythagoreische große Sekunde sein muss – also 9/8. Cool, oder?

Diese Identitäten kannst du auch schon benutzen, um die erste Gruppe fehlender Intervalle zu notieren. Betrachten wir z.B. 15/8. Wir spalten es in zwei Teile: den pythagoreischen und das, was übrig bleibt. Wir erhalten 3/2 und 5/4. Wir übersetzen jetzt ins FJS und addieren dann die Intervalle, die wir dabei erhalten. 3/2 wird zu 5, und 5/4 wird zu 3+5. Zusammen haben wir 7+5. Wir addieren die Intervalle wie gewöhnlich, und kleben die Versetzungszeichen auf. Das ist wirklich die Darstellung von 15/8 im FJS!

Mal anders: Der fünfzehnte Oberton ist wie der fünfte Oberton in der Tonart der Dominante. Um 15/8 in der Tonart C zu notieren, wir können mit einer „imaginären Modulation“ zur Tonart G anfangen. Dort ist dein Ziel einfach der fünfte Oberton, d.h. H5. Das ist deshalb auch die Darstellung von 15/8 in der Tonart C.

Noch mal anders: Du weißt vielleicht nicht, was 15/8 in der Tonart C im FJS ist, aber du weißt bereits, was 5/4 ist: es ist E5. Du weißt auch, dass die Differenz zwischen 5/4 und 15/8 3/2 beträgt, ein pythagoreisches Intervall. Deshalb müssen 15/8 und 5/4 dieselbe FJS-Versetzungszeichen haben. Du weißt auch, dass dieses pythagoreische Intervall eine reine Quinte ist. Die zwei Informationen beschreiben zusammen eine einzige Note: H5. Das ist die richtige Antwort.

Versuche diese Methoden, um die nächste Aufgabe zu lösen.

Aufgabe 3

  1. Schreibe die FJS-Darstellungen folgender Frequenzverhältnisse: 5/3, 6/5, 7/6, 9/5.
  2. Finde die Frequenzverhältnisse folgender FJS-Intervalle: 2+5, 3+7, 7−11.
  3. Notiere die ptolemäische Tonleiter im FJS von C. Die Verhältnisse lauten: 1/1, 9/8, 5/4, 4/3, 3/2, 5/3, 15/8, 2/1.
  4. (SCHWIERIG!) Betrachte die folgende Tonleiter. Ist sie ein Modus der oberen? C–D–Es_5–F–G–As_5–B_5–C

Du kannst die Antworten hier nachschlagen.

(Am Ende dieser Lektion wirst du Techniken kennen, mit denen du jedes mögliche Frequenzverhältnis zu einem FJS-Intervall und zurück umrechnen kannst. Es ist aber eine gute Idee, diese Methoden auch im Kopf zu behalten, weil sie viel schneller sind, und du meistens sie benutzen wirst. Es ähnelt den verschiedenen Methoden zur Lösung einer quadratischen Gleichung. Die Formel wirkt immer, ist aber gleichzeitig die langsamste Methode.)

Während du diese Identitäten verwendetest, um die Aufgabe zu lösen, hast du dich vielleicht gefragt: „Wie würde ich beispielsweise zwei 3+5 zueinander addieren? Was wäre das Ergebnis?“ Wäre es 5<5? Nein, das wäre das Ergebnis, wenn man 3+ zu 3+5 addiert. Bei uns ist es anders. Wir addieren 3+5 zu 3+5.

Die Antwort auf diese Frage ist zufällig auch die Methode, die das FJS für die zweite Gruppe der übrigen Intervalle benutzt: verbundene Versetzungszeichen.

Jeder FJS-Note oder -Intervall kann man nicht nur eines, aber beliebig viele FJS-Versetzungszeichen hinzufügen. Die Otonalen und Utonalen sind immer getrennt, aber bei mehr als einem Versetzungszeichen derselben „Tonalität“ (Otonalität oder Utonalität) verbindet man sie. Und zwar durch Multiplikation. Wieso? Weil sie alle Primzahlen sind; bei der Multiplikation (anders als z.B. bei der Addition oder Verkettung in der Basis zehn) geht die Information über die ursprünglichen Bestandteile nie verloren, denn jede positive ganze Zahl kann nur auf eine Weise wieder zerlegt werden, und die Reihenfolge macht keinen Unterschied.

Falls die Versetzungszeichen so verbunden werden, dass du nicht mehr auf den ersten Blick sehen kannst, wie sie sich faktorisieren (z.B. 119 = 7 × 17), kannst du sie auch getrennt hintereinander schreiben, mit Kommas zwischen jeder Primzahl (mit „Komma“ wird hier natürlich das Satzzeichen, nicht ein kleines Intervall, gemeint). Das heißt, D7,17 bedeutet genau dasselbe wie D119. Normalerweise sollten diese Primzahl in nicht-absteigender Reihenfolge geschrieben werden, aber jede Reihenfolge ist korrekt. Du kannst auch multiplizieren, wie du willst. Du kannst also z.B. G11,125 schreiben, wobei du nur manche der Faktoren miteinander multiplizierst.

Um die Frage also zu beantworten: Die Summe zweier 3+5 ist eine 5<25, die auch gut als der FJS-Name des Verhältnisses 25/16 passt. Wenn du dazu noch weißt, dass 7/4 als 7−7 dargestellt wird, weißt du sofort, dass 49/32 eine 6−49 und 35/32 eine 2+35 ist.

Wie ich schon erwähnt habe, Otonalität und Utonalität mischt man nicht. Falls also ein Ges die Versetzungszeichen +7 und −5 gleichzeitig hätte, wäre es ein Ges75. Die genauen Regeln lauten:

Die Noten Ges75 und Fis57 (also 7/5 bzw. 10/7 in der Tonart C) würde man so aufschreiben:

Ges7_5–Fis5_7

So hören sie sich an:

Seitdem du verbundene Versetzungszeichen kennst, kannst du viel mehr mit dem FJS anfangen. Du kannst beliebige FJS-Intervalle addieren, subtrahieren, und umkehren. Du kannst auch ein Intervall zu einer Note addieren (z.B. G + 3+5 = H5) oder eine Note von einer anderen subtrahieren (z.B. F7 − C = 47). Du kannst jetzt also die Identitäten für Addition, Subtraktion und Umkehrung benutzen, um schnell die FJS-Darstellungen von Intervallen zu finden, die du vorher nicht finden konntest.

FJS-Intervall-Arithmetik

Wenn du Versetzungszeichen verbindest, kannst (und sollst) du gleiche Faktoren im Otonalen und im Utonalen kürzen. Beispielsweise ergibt sich bei der Addition von 3+5 (5/4) zu 3−5 (6/5) eine „555“. Das ist dasselbe wie einfach eine 5, eine reine Quinte. Das haben wir erwartet (3/2). Die Addition einer 2−49 (49/48) zu einer 2+7 (8/7) ergibt ebenso eine „3−497“, also eine 3−7 (7/6).

Mit der Intervall-Arithmetik kannst du schon jetzt ein beliebiges JI-Verhältnis im FJS darstellen, und jedes FJS-Intervall zurück in ein Verhältnis umrechnen. Du kannst die folgenden Methoden anwenden, wenn die Verhältnisse nicht besonders primzahlkompliziert sind.

Um ein einfaches JI-Verhältnis in die FJS-Form umzurechnen: Faktorisiere den Zähler in ein pythagoreisches Intervall plus Primzahlen. Baue das pythagoreische Intervall, und jede Primzahl als Primzahlintervall, dann addiere sie alle. Wiederhole das Gleiche für den Nenner. Dann, bestimme die Differenz zwischen dem Intervall des Zählers und dem des Nenners. Beispielsweise, um 36/25 umzurechnen, bauen wir zunächst den Zähler: 36, also 9/8, also eine große Sekunde. Dann den Nenner: 25. Das spalten wir: 5 und 5, also zwei 3+5, also eine 5<25. Wir subtrahieren jetzt: 2+ (also 9+) − 5< = 5>. Und die Versetzungszeichen: (0) − (+25) = (−25). Die Antwort lautet also: 5>25.

Um ein einfaches FJS-Intervall zurück in die JI-Form umzurechnen: Probiere zunächst Folgendes: . (Du musst die Versetzungszeichen nicht einmal faktorisieren: ein Vorteil davon, dass sie durch Multiplizieren verbunden werden.) Du legst entweder schon richtig oder noch falsch; wenn falsch, dann nur um ein pythagoreisches Intervall. Reguliere. Probieren wir z.B. 1<57. Wir probieren 5/7, also 10/7, das kann die Antwort nicht sein, zu groß. Aber für 10/7 erhalten wir 4<57. Wir legen nur um eine Quinte falsch. Wir addieren also eine pythagoreische Quinte. Die Antwort lautet also (3/2) × (5/7) = 15/14. Das sieht auf den ersten Blick korrekt aus, denn es ist die richtige Antwort.

Bei neunundneunzig Prozent der Fälle reicht das aus, um im FJS zu lesen und zu schreiben. Diese Methoden sind sehr einfach, wie du siehst. Eigentlich musst du selbst diese Methoden nicht benutzen; oft reicht es aus, die Obertonreihe einfach zu überfliegen, um vorwärts und rückwärts in wenigen Sekunden umzurechnen. Willst du 14/13 im FJS darstellen? Du weißt, dass 13 eine kleine Sexte, und 14 eine kleine Septime ist, also muss 14/13 eine große Sekunde sein. Wegen der 14 im Zähler addierst du ein +7, und wegen der 13 im Nenner ein −13, und voilà, du hast die korrekte FJS-Darstellung schon gefunden: 2+713.

Aber: eine der großen Tugenden des FJS ist, dass man es komplett automatisieren kann. Die oberen Methoden können sich manchmal auf Intuition verlassen, und sind nicht sehr nützlich für komplexe Intervalle. Du kannst aber immer vorwärts und rückwärts mit den folgenden Techniken umrechnen:

FJS-Technik #4: Jedes JI-Verhältnis in die entsprechende FJS-Form automatisch umrechnen.

  1. Faktorisiere.
  2. Für jede Primzahl p größer als 3 mit einer Potenz αp, speichere die αp für jede p und multipliziere das JI-Verhältnis mit

    wobei das formale Komma von p ist.

  3. Das Ergebnis wird stets pythagoreisch sein. Rechne es in die FJS-Form um.
  4. Füge jetzt die αp als Versetzungszeichen hinzu – positiv heißt otonal, negativ utonal.
  5. Reduziere, und reguliere die Oktave.

Beispiel: Rechnen wir den chromatischen Halbton 25/24 ins FJS mithilfe dieser Technik um. 25/24 = 23 3−1 52. Wegen 52, speichern wir 2 und multiplizieren mit (80/81)−2. Das Ergebnis ist 2187/2048, was pythagoreisch ist und einer übermäßigen Prime entspricht. Wir fügen jetzt ein doppeltes +5 (wegen der 2) und die Antwort lautet 1<25.

FJS-Technik #5: Jede FJS-Darstellung zurück in ein JI-Verhältnis automatisch umrechnen.

  1. Rechne den pythagoreischen (üblichen) Teil des Intervalls in ein pythagoreisches Verhältnis um.
  2. Für jedes otonale Versetzungszeichen p, multipliziere mit dem formalen Komma von p. Für utonale Versetzungszeichen dividiere.
  3. Reduziere, und reguliere die Oktave.

Beispiel: Eine der ikonischen Zusammenklänge des Well-Tuned Piano von La Monte Young wird im FJS als 3−49 notiert. Um ihr Verhältnis zu finden, rechnen wir zunächst die kleine Terz in 32/27 um. Dann bedeutet +49: multipliziere zweimal mit dem formalen Komma von 7. Also (32/27) × (63/64)2 = 147/128.

Eine letzte Anmerkung über Aussprache und ASCII. Wenn du mithilfe des FJS kommunizieren willst, soll das nicht nur in einem Medium möglich sein. Hier sind die einfachen und logischen Ausspracheregeln:

FJS-Aussprache

  1. Spreche den pythagoreischen (üblichen) Teil des Noten- oder Intervallnamens aus.
  2. Dann füge das verbundene otonale Versetzungszeichen (falls vorhanden) an, ausgesprochen als die Zahl selbst, mit einem optionalen Präfix „super“.
  3. Dann füge das verbundene utonale Versetzungszeichen (falls vorhanden) an, ausgesprochen als die Zahl selbst, mit einem Präfix „sub“.

Beispielsweise wird E5 als „E-fünf“ oder „E-super-fünf“ ausgesprochen, und Es5 als „Es-sub-fünf“. Ein Intervall wie 4711 wäre „reine Quarte-(super)-sieben-sub-elf“, wobei das Wort „super“ optional ist, eine Art Betonung der Trennung zwischen dem Intervallnamen und dem Beginn der FJS-Versetzungszeichen.

Falls du die Versetzungszeichen trennst, gibt es keinen Unterschied. A5,1713 wäre „A-(super)-fünf-siebzehn-sub-dreizehn“. Das Wort „sub“ ist nur ein Terminator des otonalen Teils. Er markiert also, dass das Folgende zum utonalen Teil gehört.

Was ASCII angeht: Es wäre problematisch, diese Namen auf dem Computer zu tippen, wegen der hoch- und tiefgestellten Zahlen. Alternativ kannst du tiefgestellte Versetzungszeichen mit einem Unterstrich markieren, wie üblich, und du kannst in demselben Sinne das Einschaltungszeichen für hochgestellte Versetzungszeichen benutzen. Das Einschaltungszeichen brauchst du aber im Deutschen selten, nur bei reinen Intervallen. E5 wäre E^5 oder einfach E5, und eine 3+5 wäre eine 3+^5 oder einfach eine 3+5, aber eine 47 muss als 4^7 und nicht as 47 geschrieben werden. 47 wäre 96/1.

Fertig!

Das ist alles, was du brauchst, um das ganze FJS zu benutzen und die ganze Naturtonstimmung aufzuschreiben! Du musst dir keine Zahlen merken oder keine Wertetabellen speichern, überhaupt nichts! Einer der größten Vorteile dieses Systems ist, dass es komplett portabel ist. Alles, was du brauchst, um ihn überall aus dem Nichts herzustellen, ist der Toleranzradius und Rechnen. Die Techniken, die du gelernt hast, können ganz automatisiert werden, und das ganze System kann ein Computer beherrschen.

Das FJS hat auch viele schöne Eigenschaften, die es wahnsinnig logisch machen. Die wichtigste davon ist, dass es eine Bijektion zur Naturtonstimmung liefert; jede positive rationale Zahl hat genau eine FJS-Darstellung, und jede FJS-Darstellung hat genau eine rationale Zahl, die sie darstellt. Eine andere Eigenschaft, die ich schon vorher angegeben habe, ist, dass das FJS einen Isomorphismus besitzt; es macht keinen Unterschied, ob du zuerst JI-Intervalle kombinierst und dann ins FJS umrechnest, oder zuerst umrechnest, dann kombinierst; das Ergebnis bleibt gleich. Diese Eigenschaften machen es extrem einfach, im FJS zu transponieren. Um beispielsweise um eine 2+5 zu transponieren, transponiert man zuerst um eine übliche große Sekunde (wie üblich, die FJS-Versetzungszeichen bleiben dabei unverändert) und dann fügt man überall ein +5 hinzu und verbindet (damit z.B. +5 zu +25 wird, und +7 zu +35, und −5 zu 1).

Es gibt noch eine Sache, die du vielleicht möchtest, bevor du deine neu erlernten Können bei der letzten Aufgabe ausprobierst. Das sind wieder nur Hinweise; du hättest diese Tabelle selbst ausrechnen können (aber das würde dir nicht gefallen, deshalb habe ich es für dich getan).

Primzahl Verschiebung Formales Komma
5 +4 80/81
7 −2 63/64
11 −1 33/32
13 −4 1053/1024
17 −5 4131/4096
19 −3 513/512
23 +6 736/729
29 −2 261/256
31 +5 248/243

Du kannst jetzt auch erfahren, wieso ich 65/63 für den Toleranzradius gewählt habe. Diese Zahl ist die Mediante von 33/32 und 32/31, dabei ist sie größer als 33/32 und kleiner als 32/31. Daher wird 33/32 als mögliches formales Komma akzeptiert, deshalb kann 11/8 als reine Quarte dargestellt werden (falls nicht, dann wäre es die verminderte Quinte; Unsinn). Aber gleichzeitig wird die genauso unsinnige Darstellung von 31/16 als reine Oktave verworfen, weil 32/31 nicht als formales Komma akzeptiert wird. Schlau, oder?

Aufgabe 4

  1. Rechne die folgenden JI-Verhältnisse ins FJS um, mithilfe einer beliebigen Technik: 28/27, 15/13, 33/25.
  2. Rechne die folgenden FJS-Darstellungen zurück in JI-Verhältnisse um, mithilfe einer beliebigen Technik: 6+7, 4<135, 3−25.
  3. Notiere eine JI-Wiedergabe der folgenden berühmten Progression im FJS in B-Dur. Was dir gegeben ist, sind die Verhältnisse jeder Note zu B (ohne Oktaven).
    • 10/9, 5/4, 4/3, 5/3, 1/1
    • 3/2, 9/8, 21/16, 27/16, 15/8
    • 1/1, 9/8, 5/4, 3/2, 15/8
  4. Übersetze die folgende Progression aus dem FJS zurück in JI-Verhältnisse zu Es, dem Grundton: Es–B–G5–Es, C5–C5–G5–Es, As–C5–As–F5, B–B–F1–D5, Es–B–G5–Es
  5. Notiere das erste Hörbeispiel in diesem Crash-Kurs im FJS. Hier steht es noch mal: 11/10, 10/9, 9/8, 8/7. Dir ist gegeben, dass der Grundton A ist.

  6. (SCHWIERIG!) Es gibt Anhänger der „432-Hz-Trends“, die bestehen, dass eine Verstimmung der Note A von 440 Hz unten auf 432 Hz sowohl die physische als auch die geistige Qualität der Musik verbessert. (Ob das jetzt wahr oder falsch ist, geht uns nicht an.) Bestimme die FJS-Darstellung des Intervalls, durch welches ein Musikstück transponiert wird, wenn so eine Verstimmung geschieht.
  7. (SCHWIERIG!) Wie lautet die FJS-Darstellung des Toleranzradius, 65/63, selbst?

Du kannst die Antworten hier nachschlagen.

Da Capo Al Fine: Was sonst?

Das ist alles, was du brauchst, um das FJS nutzen zu können! Du kannst jede JI-Musik jetzt mithilfe des FJS notieren. Die verbleibenden Teil des FJS sind Kurzschriftmethoden, die ich entwickelt habe, damit du auf viele FJS-Versetzungszeichen in häufigen Situationen verzichten kannst. Darunter sind FJS-Vorzeichen und Transpositionslinien. Diese Elemente werden hier nicht berücksichtigt. Wenn du über sie lernen willst, dann lese die komplette formale Erläuterung des FJS, welche du auch lesen solltest, falls du irgendwelche Zweifel zu den Regeln des Systems hast.

Außerdem ist das alles! Du hast schon das ganze FJS in ein paar Minuten gelernt. Möge das FJS jetzt dein Denken vereinfachen, wenn du das nächste Mal der Naturtonstimmung begegnest.

Ende.